Sechste Vergabe des Casa di Goethe-Stipendiums der Karin und Uwe Hollweg Stiftung in Rom

 

Bonn/Rom, 9.02.2024

Zum sechsten Mal hat die Jury für die Vergabe des Casa di Goethe-Stipendiums der Karin und Uwe Hollweg Stiftung Stipendiaten für einen Arbeitsaufenthalt in Rom ausgewählt. Seit 2013 ermöglicht das Stipendium Akteuren aus dem Kulturbereich wie z.B. Autor*innen, Wissenschaftler*innen oder Übersetzer*innen, die sich in ihrer Arbeit dem deutsch-italienischen Kulturaustausch widmen, zwei Monate in den Räumen des Museums Casa di Goethe im historischen Zentrum Roms zu leben und zu arbeiten. Der AsKI e.V. ist Träger des Museums.  

Aus zahlreichen Bewerbungen hat die deutsch-italienische Jury (Francesca Melandri, Rom; Prof. Dr. Dieter Richter, Bremen; PD. Dr. Susanna Brogi, Nürnberg) acht Stipendiat*innen ausgewählt, die ab Sommer 2024 zu Gast in der Casa di Goethe sein werden:

  • Wolfgang Adenberg, Autor, entwickelt eine 10-teilige Fernsehserie als „Sitcom“ über das Leben von Johann Wolfgang von Goethe
  • Mohamed Amjahid, Journalist und Autor, recherchiert zur Geschichte der italienischen Arbeiter*innen in Deutschland und ihrer kulinarischen Kultur
  • Dr. Sibylle Benninghoff-Lühl, Literaturwissenschaftlerin, forscht zur Bedeutung des Botanischen Gartens und Herbariums in Rom für Goethes botanische Studien
  • Radek Krolczyk, Autor und Kunstkritiker, begibt sich auf Spurensuche des Schriftstellers Peter O. Chotjewitz und verfasst einen Essay über dessen Zeit in Italien
  • Dr. Theresia Prammer, Autorin und Übersetzerin, recherchiert zu italienischer Dialektlyrik
  • Stefan Weidner, Autor und Übersetzer, übersetzt die altarabischen, vorislamischen Mu’allaqat-Gedichte neu ins Deutsche
  • Levin Westermann, Autor, schreibt einen Gedichtzyklus, der sich mit dem Aufstieg und Fall des Römischen Imperiums beschäftigt
  • Laura Helena Wurth, Journalistin und Kuratorin, erstellt ein Radiofeature zur Neubetrachtung der Architektur Roms mit Fokus u.a. auf Plautilla Bricci

Wir danken der Karin und Uwe Hollweg Stiftung für die langjährige Unterstützung des Stipendiatenprogramms.

Rückfragen bitte an: AsKI, Prinz-Albert-Str. 34, 53113 Bonn, Tel. 0228/224860;  info@aski.org
Casa di Goethe, Via del Corso 18, 00186 Roma, Tel. 0039/06/32650412;
info@casadigoethe.it

Das Museum Casa di Goethe ermöglicht wieder Arbeits- und Forschungsaufenthalte im Zentrum von Rom.

In den Räumlichkeiten, in denen J. W. von Goethe von 1786 bis 1788 mit anderen Künstlern – darunter J. H. W. Tischbein – gemeinsam lebte und arbeitete, befinden sich heute das einzige deutsche Museum im Ausland, eine Bibliothek und ein Gästezimmer für Stipendiaten. Ein interdisziplinäres Veranstaltungs-programm trägt diesen historischen Wurzeln des fächerübergreifenden Diskurses Rechnung und leistet heute einen wichtigen Beitrag zum deutsch-italienischen Dialog.

Die vorgeschlagenen Projekte sollen sich Themen aus Geschichte oder Gegenwart in Italien und Deutschland und den wechselseitigen Kulturbeziehungen widmen. Gefördert werden ambitionierte und innovative Projekte, für deren Realisierung ein Aufenthalt in Rom notwendig ist; dabei ist ein Bezug zu Goethe wünschenswert, aber nicht die Voraussetzung.

Eine unabhängige deutsch-italienische Jury entscheidet über die Vergabe unter Ausschluss des Rechtsweges. Die Casa di Goethe beabsichtigt, die Arbeiten der Stipendiat*innen in geeigneter Form zu präsentieren.

Das Stipendium:
Wir unterstützen Sie für zwei bis vier Monate. Das Museum Casa di Goethe stellt Ihnen in dieser Zeit in den eigenen Räumen im zweiten Stock ein geräumiges Einzelzimmer mit eigenem Bad und Nutzung der Gemeinschaftsküche miet- und nebenkostenfrei zur Verfügung. Das Stipendium ist mit 2.000 Euro monatlich dotiert. Während der Stipendiumszeit wird erwartet, dass der Stipendiat in Rom lebt und arbeitet. Ab dem 1. März 2024 und ab Herbst 2025 werden sechs bis acht Stipendien vergeben. Auf eine bestimmte Zeit innerhalb des Zeitraums besteht kein Anspruch.

Bewerben können sich Akteure aus dem Kulturbereich wie zum Beispiel Autor*innen, Wissenschaftler*innen, Übersetzer*innen und Journalist*innen.

Die formlose Bewerbung soll beinhalten:
– eine ausführliche Projektbeschreibung (max. drei Seiten)
– eine kurze Zusammenfassung Ihres künstlerischen oder wissenschaftlichen Vorhabens (max. 2.000 Zeichen)
– einen Lebenslauf, der den fachbezogenen oder künstlerischen Werdegang erkennen lässt (max. drei Seiten)
Die Bewerbung richten Sie bitte ausschließlich im PDF-Format und nur per E-Mail an stipendium@aski.org.

Bewerbungsschluss ist der 31.10.23.

Die Casa di Goethe und der AsKI e.V dankt der Karin und Uwe Hollweg Stiftung für die Förderung des Stipendienprogramms.

Ab 24. März 2023

Anlässlich des 25. Jubiläums wirft das Museum Casa di Goethe in Rom neue Perspektiven auf seine Dauerausstellung. Gemeinsam mit Studierenden der weißensee kunsthochschule berlin sind Interventionen entstanden, die zeitgenössische Betrachtungen und neue Erkenntnisse in die Präsentation der Sammlung einbringen und das Museum mit unserer Gegenwart verbinden.
Der Direktor der Casa di Goethe, Dr. Gregor H. Lersch, will die Rolle des Museums als kulturelle Brücke zwischen Italien und Deutschland im Kontext der europäischen Geschichte und Gegenwart dynamisch aufladen und neu ausrichten.
In Kooperation mit dem Studiengang Visuelle Kommunikation der weißensee kunsthochschule berlin unter der Leitung von Prof. Steffen Schuhmann haben Studierende im November des vergangenen Jahres das Museum und die Sammlung der Casa di Goethe analysiert und sich vor Ort mit Experten ausgetauscht. In einem gemeinsamen Workshop mit Studierenden der „Accademia di Belle Arti di Roma“ wurde zudem die römische und italienische Perspektive in den Konzeptionsprozess integriert. Für die Interventionen und neuen Ausstellungselemente haben die Studierenden eine eigene Formensprache entwickelt.

„Die ‚intervenzioni‘ sind ein erster wichtiger Schritt bei der Transformation, um Goethes Italienreise noch stärker mit dem Hier und Jetzt zu verbinden. In der Wohnung in der Via del Corso, in der in den Jahren 1786 bis 1788 Goethe mit anderen Künstlern lebte, werden neue innovative Perspektiven auf die Italienische Reise, die deutsche Italienbegeisterung und die komplexe europäische Gegenwart entwickelt“,
erläutert Museumsdirektor Gregor H. Lersch.

Die intervenzioni der Studierendenden sind für Besucher*innen unmittelbar sichtbar und erlebbar. So ist es nur ein Schritt von Goethes Naturstudien zu einem Tastkabinett, von den überlieferten Reisebeschreibungen Süditaliens als Kontaktzone nach Nordafrika oder von historischen Reiseführern zum Lonely Planet. Zentrale Fragen des gegenwärtigen Europas werden hier in die Ausstellung zur Goethezeit eingeflochten, wie das spannungsreiche Verhältnis von Nord und Süd, die Frage nach der Bedeutung der Frauen für Goethe oder die Erinnerung an den Nationalsozialismus. In den intervenzioni wird zum ersten Mal auch die Geschichte des jüdischen Familienvaters Guido Zabban erzählt, der versteckt im Mezzanin der Wohnung an der Via del Corso 18 die deutsche Besatzung 1943/44 überlebte.

  • 23. MÄRZ 2023
    19.00-21.00 “Casa di Goethe intervenzioni”
    Eröffnung der Interventionen in die Dauerausstellung in Zusammenarbeit mit der weißensee kunsthochschule berlin, Studiengang Visuelle Kommunikation

    Begrüßung:
    Gregor H. Lersch, Direktor der Casa di Goethe
    G. Ulrich Großmann, Präsident des AsKI e.V.
    Viktor Elbling, Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Italien
    Miguel Gotor, Kulturreferent Roma Capitale
    Studierende der weißensee kunsthochschule berlin

  • 25. MÄRZ 2023
    10.00-18.00 Tag der offenen Tür mit freiem Eintritt

    10.00-13.00 “Das geheimnisvolle Haus”
    Workshop für Kinder von fünf bis zehn Jahren mit Führungen durchs Museum um 11.00 Uhr auf Deutsch und um 12.00 Uhr auf Italienisch

    17.00 Zur Geschichte des Museums
    Die Direktorinnen Ursula Bongaerts (1997-2013) und Maria Gazzetti (2013-2022) im Gespräch mit Gregor H. Lersch

In der Casa di Goethe finden Umbauarbeiten anlässlich ihres 25-jährigen Jubiläums statt. Daher bleibt das Museum vom 17. – 23. März geschlossen.

25 anni Casa di Goethe - Intervenzioni

Aus Anlass des 25-jährigen Jubiläums des Museums präsentiert die Casa di Goethe:

  • am 23. März 2023 um 19.00 Uhr: Eröffnung von Interventionen in die Dauerausstellung in Zusammenarbeit mit der weißensee kunsthochschule berlin
  • am 25. März 2023: Tag der offenen Tür mit Familienprogramm und Diskussion zur Geschichte des Museums

VOM 4. APRIL bis zum 3. Juli 2022 DER KULTURJOURNALIST aus BERLIN mit dem PROJEKT

Zwischen Norden und Süden – Niederländische, französische und deutsche Maler im barocken Rom

Um 1600 wurde Rom zu einer europäischen Kunstmetropole: Zahllose Künstler aus anderen Ländern strömten in die Stadt, um Antike und Renaissance zu studieren, die neuesten Trends der hiesigen Stars von Caravaggio bis Bernini kennenzulernen und lukrative Aufträge zu finden. Zu dieser Community gehörten Claude Lorrain, Nicolas Poussin, Adam Elsheimer und zahlreiche Niederländer, von Paul Bril bis Herman van Swanevelt, mit berüchtigten Künstlerfesten, Ateliergemeinschaften und Ausflügen in die Campagna zum Zeichnen. Sie sorgten mit ihren Werken für die Verbreitung der Antike und der italienischen Lebensart im Norden. Sie prägten das Rom- und Italienbild in Europa – und die Stadt wurde zur ersten internationalen Kunstmetropole, wie Paris um 1900 oder Berlin nach 1918 und nach 1989.
 
“Ich erkunde diese lebendige europäische Kolonie zwischen 1600 und 1700 vor Ort, um ihren Alltag und ihr Schaffen zu schildern, die Stadt und den Kunstmarkt.” Während jenseits der Alpen der Dreißigjährige Krieg wütete, entstand in Rom Hoffnungsvolles: ein innereuropäischer Kulturtransfer, eine in Inspiration, Konkurrenz und Gemeinschaft real existierende Nord-Süd-Utopie, wenigstens zeitweise – gegen alle Spaltungen des Kontinents.
 
Alexander Cammann, Jahrgang 1973, ist seit 2009 Redakteur im Feuilleton der Wochenzeitung DIE ZEIT und dort verantwortlich für Sachbücher. Er studierte Geschichte und Philosophie an der Humboldt-Universität zu Berlin und arbeitete danach mehrere Jahre als freier Kulturjournalist.


 

© Alexander Cammann
Gregor H. Lersch Foto: Giorgio Benni

Liebe Freundinnen und Freunde der Casa di Goethe,
 
ich möchte mich als neuer Direktor der Casa di Goethe vorstellen und Sie vor allem nach der schwierigen Zeit der Covid-Pandemie einladen, auch wieder persönlich in das Haus am Corso zu kommen.
 
Seit kurzem bin ich nun in Rom angelangt – also ungefähr 235 1/2 Jahre nach Johann Wolfgang von Goethe – und ich freue mich sehr auf die neue Aufgabe an diesem besonderen Ort. Ich komme aus Berlin nach Rom, wo ich in den vergangenen Jahren als Kurator und Ausstellungsleiter am Jüdischen Museum aktiv war. Das Konzipieren und Realisieren von Ausstellungen hat mich in den letzten etwa zwanzig Jahren vom Berliner Ausstellungshaus Gropius-Bau, dem Startpunkt meiner beruflichen Karriere, an Orte wie Paris, Madrid, Yokohama, aber auch nach Turin geführt. Einer meiner thematischen Schwerpunkte ist die Kunst des 20. und des 21. Jahrhunderts, die ich auch als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Kunst und Kunsttheorie der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt a. d. Oder gelehrt habe.
 
Italien ist mir seit vielen Jahren aus ganz unterschiedlichen Perspektiven sehr vertraut, nicht zuletzt da meine Frau aus Italien stammt und sich auch meine beiden Töchter ganz selbstverständlich zwischen den beiden Kulturen und Sprachen bewegen. Das deutsch-italienische Verhältnis ist in den letzten Jahren sehr komplex geworden und hat viele Risse bekommen. Die Casa di Goethe als literarischer Erinnerungsort bietet sich hervorragend an, um hier die Sichtweise des jeweils anderen besser zu verstehen und am Beispiel von Literatur und Kunst zu hinterfragen. Ausgehend von Goethes Aufenthalt in Rom möchte ich in Zukunft hier vermitteln, dass sich Kulturräume immer aus übernationalen Einflüssen zusammengesetzt haben und auch heute zusammensetzen. Insbesondere in Zeiten von aufkommenden nationalen populistischen Bewegungen in Europa und eines brutalen und die Gesellschaften spaltenden Krieges ist es mir besonders wichtig, die verbindenden Elemente der Identitäten in Europa hervorzuheben und gleichzeitig zu hinterfragen.
 
Meiner Vorgängerin Maria Gazzetti und dem Team des Museums bin ich sehr dankbar, dass Sie mich so freundlich in die neue Aufgabe eingeführt haben und ich werde an vieles Positive ihrer Arbeit an der Casa di Goethe anknüpfen.
 
Die erste Veranstaltung nach langer Pause findet am Abend 16. Mai statt. In den kommenden Tagen senden wir Ihnen weitere Informationen dazu. Ich freue mich, Sie bald vor Ort persönlich begrüßen und kennenlernen zu dürfen.
 
Es grüßt Sie herzlich aus der Via del Corso 18,
Ihr
Gregor H. Lersch

BERLINOMANIE UND ITALIENS SCHWIERIGE SCHÖNHEIT – Am Beispiel des “ligurischen Komplexes”

Wann: 16. Mai 2022 um 18 Uhr

Wo: Museum Casa di Goethe (2. Stock), Via del Corso 18, 00198 Roma

Veranstaltung auf Deutsch und Italienisch mit Simultanübersetzung. Im Anschluss Empfang

Anmeldung obligatorisch: gioni@casadigoethe.it

Das Museum Casa di Goethe nimmt das Veranstaltungsprogramm in seinen Räumen wieder auf. Zum Auftakt stellen die Beauftragte für Kultur und Medien und der AsKI e.V. den neuen Direktor der Casa di Goethe, Gregor H. Lersch, der Öffentlichkeit vor.

Mario Fortunato, Autor von “Le Voci di Berlino“ (Bompiani), die Kunsthistorikerin Hannah Baader vom Kunsthistorischen Institut in Florenz und Stephan Schlak, Chefredakteur der „Zeitschrift für Ideengeschichte” diskutieren über den Zustand der gegenwärtigen deutsch-italienischen Beziehungen. Alexander Cammann, Redakteur für Literatur bei DIE ZEIT und aktuell Stipendiat an der Casa di Goethe, moderiert die Veranstaltung und stellt die neue Ausgabe der „Zeitschrift für Ideengeschichte“ mit dem Titel: „Der Ligurische Komplex“ vor. Deren Beiträge untersuchen die “schwierige Schönheit” Norditaliens zwischen Land und Meer, erinnern an den Auftritt von Marianne Faithfull und Mick Jagger im populären Festival von San Remo, befragen Renzo Piano zu seiner neuen Brücke und stellen Nietzsche als Cicerone für kulturbeflissene Tourist*innen vor. Am Beispiel italienischer Literatur über Berlin wird der heutigen italienischen Faszination für die deutsche Hauptstadt nachgegangen und damit einer möglichen Komplementärgeschichte zur deutschen Italiensehnsucht in der Gegenwart.

Programm

18.00 Vorstellung und Grußwort des neuen Direktors

18.30 Debatte mit Mario Fortunato, Hannah Baader, Stephan Schlak,
            Alexander Cammann (Moderation)

19.30 Empfang

Der Wunsch nach Veränderung

Von Anna Mertens (KNA) 11.04.2022 11:22

Rom (KNA) – Gregor H. Lersch (43) ist neuer Direktor der Casa di Goethe, dem Goethe-Haus in Rom. Anfang April hat der aus Berlin kommende Kulturwissenschaftler die Leitung des kleinen Museums unweit der Piazza del Popolo übernommen. Im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) erzählt er, was er sich vorgenommen hat und was das Museum so besonders macht.

KNA: Herr Lersch, die Casa di Goethe ist das einzige deutsche Museum im Ausland – wie erklärt sich der Superlativ?

Gregor H. Lersch: Es ist tatsächlich das einzige von öffentlichem Geld finanzierte Museum außerhalb von Deutschland. Die Finanzierung läuft über die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien. Diese Konstruktion gibt es sonst nirgendwo. Das macht es so besonders.

KNA: Verspüren Sie dadurch einen besonderen Erwartungsdruck?

Lersch: Den Erwartungsdruck gibt es wenn in Deutschland, weniger in Italien und vor allem in Rom. Hier sind wir ein kleines und spezifisches Museum. Von daher fühle ich die Herausforderung, den Ort innerhalb der lokalen Kulturlandschaft weiterzuentwickeln, und will abgesehen von den deutschen Touristen auch das italienische und junge Publikum ansprechen.

KNA: Wer ist der klassische Besucher?

Lersch: Es gibt täglich Personen, die auf den Spuren von Goethes italienischer Reise das Haus besuchen, sowie Kulturinteressierte aus aller Welt. Und es gibt es Schulklassen – aus Italien und Deutschland – , die jetzt nach Corona endlich wiederkommen. Vor allem die kleinen Häuser haben unter der Pandemie sehr gelitten. Unsere zentrale Lage hilft uns, aber wir befinden uns im ersten Stock und müssen die Besucher hineinlocken.

KNA: Die Casa di Goethe feiert in diesem Jahr 25-Jahr-Jubiläum. Was zeichnet das Museum aus?

Lersch: Der Besucher kann hier in die Zeit von Goethe und in die deutsche “Italiensehnsucht” eintauchen, dazu Werke der Maler Johann Tischbein, Johann Georg Schütz, Johann Friedrich Bury und anderer sehen. Von 1786 bis 1788 lebten sie hier zusammen in einer Art Wohngemeinschaft. Das Ausstellungs- und Veranstaltungsprogramm geht darüber hinaus und beschäftigt sich mit Kunst und Literatur bis in die Gegenwart.

KNA: Was hat sich in den 25 Jahren verändert?

Lersch: Die größte Veränderung war sicher, dass 2012 eine weitere Etage ergänzt wurde, in der das Museum die Bibliothek des Deutschen Künstlervereins bewahrt und erforscht. Zudem wächst die Sammlung stetig, wir kaufen an und erhalten Schenkungen. Ansonsten hat sich die Dauerausstellung seit 1997 nicht grundlegend weiterentwickelt. Ich sehe es als große Aufgabe, diese in den kommenden Jahren zu verändern, durch neue Fragestellungen und mehr Bezug zur Gegenwart.

KNA: Ihre Vorgängerin Maria Gazzetti war beinahe zehn Jahre Direktorin, was wollen Sie weiterführen, was verändern?

Lersch: Ich knüpfe an vieles an. Mir ist es ein großes Anliegen, das deutsch-italienische Verhältnis zu spiegeln, also auch italienische Literaten und Künstler einzubeziehen, ein Schwerpunkt wird die Kunst des 20. Jahrhunderts sein. Und im Oktober eröffnet eine Ausstellung mit zeitgenössischen Künstlern aus Italien und Deutschland mit dem Thema “Der Blick auf den Anderen”, das ist ein sehr wichtiger Aspekt für mich.

KNA: Was ist Ihre persönliche Beziehung zu Italien?

Lersch: In erster Linie ist sie privater Natur. Meine Frau ist Italienerin und wir haben Familie hier. Italien als Land, aber vor allem die deutsch-italienischen Beziehungen sind sehr komplex geworden in den vergangenen Jahrzehnten. Das Verhältnis hat durch nationale und europäische Krisen und die diversen populistischen Bewegungen Risse bekommen – Italien ist nicht nur “das Land, wo die Zitronen blühen”.

KNA: Und was ist ihre Beziehung zu Goethe?

Lersch: Die ist zwiegespalten. Wie viele habe ich Goethe in der Schule gelesen. Da war ich erstmal nicht angesprochen. Später bin ich durch das Theater und Faust-Inszenierungen Goethe-begeistert worden. Dort hat mich zunächst seine Auseinandersetzung mit dem Dunklen, dem Bösen fasziniert. Das Werk ist unglaublich reich, bis hin zu Naturwissenschaften und dem Interesse am Orient – und vor allem: Das meiste hat auch heute Relevanz.

KNA: Sie kommen aus Berlin, haben dort am Jüdischen Museum als Kurator gearbeitet. Welche Erfahrungen bringen Sie nach Rom mit?

Lersch: Dass sich Kultur immer aus ganz vielen Elementen zusammensetzt und diverse, komplexe Einflüsse Gesellschaften formen – das trifft ja in gewisser Weise auch auf den Einfluss Italiens auf die deutsche Kultur zu. Zudem eine Sensibilität für die Relevanz in der Gegenwart und das Erbe des 20. Jahrhunderts. So ist es wichtig für mich, in die Dauerausstellung zu integrieren, dass in diesem Haus von der Portiersfamilie während der deutschen Besatzung ein Jude versteckt wurde.

KNA: Was ist der Zeithorizont für Ihre Arbeit hier?

Lersch: Ich habe mir vorgenommen, dass man bereits in den kommenden zwölf Monaten sieht, dass das Museumsprogramm und die Dauerausstellung um neue Fragestellungen ergänzt wurden. Das ist sehr wichtig nach Corona.

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