Ingeborg Bachmann, Rom, Ende der 1960er Jahre © Familienarchiv Bachmann, Uwe Johnson
Veranstaltung anlässlich der Ausstellung Ingeborg Bachmann „Ich existiere nur, wenn ich schreibe“
„Der Faschismus ist das erste in der Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau“ sagt Ingeborg Bachmann in Gerda Hallers Doku-Fernsehfilm aus dem Jahr 1973. Tatsächlich war das Verhältnis Mann-Frau für die österreichische Schriftstellerin ein immer wiederkehrendes Thema, mit dem sie sich in vielen ihrer Werke auseinandergesetzt hat. Vielfach geht es um Geschlechterrollen, das Ausnutzen der Machtverhältnisse, Untreue, Verlassenwerden, aber auch um die Suche nach Autonomie und einem neuen weiblichen Selbstbewusstsein.
Die Schauspielerin Simonetta Solder wird am 2. April in der Casa di Goethe ausgewählte Texte von Ingeborg Bachmann zur Beziehung zwischen den Geschlechtern und zum Feminismus – von „Im Himmel und auf Erden“ über „Undine geht“ bis „Malina“ lesen und uns so eine wichtige Seite der österreichischen Schriftstellerin näher bringen.
Veranstaltung in italienischer und deutscher Sprache (mit Übersetzungen)
Simonetta Solder (*Klagenfurt) ist ausgebildete Übersetzerin und Schauspielerin. Nach ihrem Studium in Wien besucht sie das HB Studio in New York und das Steppenwolf Theatre in Chicago. Am Theater arbeitet sie mit Giorgio Pressburger, Israel Horovitz und Francesca Comencini, außerdem wirkte sie an „The Walks” von Rimini Protokoll mit. Mit Regisseurin Paola Rota und Musiker Teho Teardo erarbeitete sie unter anderem das Theaterprojekt „Illegal Helpers” von Maxi Obexer und führte Regie beim Theater-Vortrag „Gertrude, Lucia e le altre. Le donne del rivoluzionario Manzoni” von und mit Eleonora Mazzoni und bei “Il fu Mattia Pascal” mit Giorgio Marchesi am Teatro Ghione. An Theaterstücken übersetzte sie u.a. den amerikanischen Dramatiker Israel Horovitz, Roland Schimmelpfennig, Robert Woelfl, Kevin Rittberger, Azar Mortazavi und Bernhard Studlar. Als Schauspielerin war sie in TV- und Kinoproduktionen unter Regie von Giacomo Campiotti, Giacomo Battiato, Riccardo Milani, Marco Tullio Giordana, Ivan Cotroneo und Michele Soavi zu sehen.
In Zusammenarbeit mit dem
Ausgangspunkt des Spaziergangs ist die Casa di Goethe um 11.00 Uhr.
Wir folgen den Stationen rund um den Corso, die Claudia Kayser-Kadereit in ihrem „Musikalischen Reiseführer ROM“ beschrieben hat. Dabei werfen wir, abseits der Touristenströme, einen fokussierten Blick auf Musikhistorie und aktuelles Musikleben.
Santa Trinità dei Monti krönt nicht nur die Spanische Treppe: sie inspirierte einen komponierenden „barbaro tedesco“, und zur Orgeleinweihung erklangen französische Opern-Chansons. Eine deutsche Pianistin genoß die „Passeggiata“ an der Kirche entlang, um den französischen Stipendiaten der Villa Medici Bach und Beethoven näher zu bringen. Franz Liszt wohnte an verschiedenen exponierten Orten Roms, wir kreuzen seine Wege und lassen seine Liebe zu Rom nachklingen.
Der ‚genius loci‘, Erläuterungen der Autorin und Hörbeispiele über QR-Codes lassen Ort, Werk und Person zu einem dreidimensionalen Erlebnis werden.
Bitte ein internetfähiges Smartphone und Kopfhörer mitbringen.
Reservierung unter prenotazioni@casadigoethe.it
Am 20.3.2025 um 19.00 Uhr findet die Vorstellung des Musikalischen Reiseführers Rom in der Casa di Goethe statt.
Rom hat nicht nur historisch, religiös und kunstgeschichtlich Einzigartiges zu bieten, auch musikalisch lässt sich in der »Ewigen Stadt« eine reiche Vergangenheit und Gegenwart entdecken. Rund 180 Orte mit Musikbezug stellt Claudia Kayser-Kadereit vor und empfiehlt deren Besuch auf zwölf Touren durch das Stadtzentrum, von der Piazza del Popolo zum Kolosseum, von den Caracalla-Thermen zum Monte Testaccio bis zur Kirche Santa Croce in Gerusalemme, mit Werken verschiedener Epochen, von Händel und Pergolesi zu Wagner bis Morricone. Ihre Dichte und Schnittpunkte ermöglichen individuelle Wege bei stets informativer Begleitung mit Karten und Hörempfehlungen über QR-Codes, die sich bequem jeweils vor Ort aktivieren lassen.
So wird ein Besuch Roms mit unbekannten und unerwarteten Erlebnissen bereichert und rückt teils vergessene musikalische Facetten der kulturellen Vielfalt wieder in den aktuellen Blick.
Die Autorin stellt an diesem Abend ausgewählte Kapitel ihres Buches vor, begleitet von den Musikstücken und einem Konzert mit Liedern von Philipp Christoph Kayser, Otto Nicolai, Louis Spohr und Franz Liszt, ausgeführt von Christine Streubühr (Mezzosopran) und Claudia Kayser-Kadereit (Klavier).
Veranstaltung in italienischer Sprache
Am 22.März um 11.00 wird ein gemeinsamer musikalischer Spaziergang zu ausgewählten Orten des Reiseführers stattfinden. Ausgangspunkt ist die Casa di Goethe.
Claudia Kayser-Kadereit (*1962), wissenschaftlich-künstlerische Mitarbeiterin am
Institut für Musikwissenschaft und Musikpädagogik der Universität Osnabrück und ehrenamtlich in der Musikalischen Erwachsenenbildung aktiv, hat mit jedem Besuch Roms dieses Projekt weiterverfolgt, Kontakte geknüpft und mehrere Reisegruppen musikwissenschaftlich durch die Stadt begleitet. Teile der Recherchen zu ihrem musikalischen Reiseführer sind während ihres Stipendiums in der Casa di Goethe 2015 entstanden.
Die Autorin Francesca Melandri stellt ihr Buch Piedi freddi (Bompiani 2024), Kalte Füße (Verlag Klaus Wagenbach) im Gespräch mit dem Schriftsteller Thomas Brussig vor, aktueller Rompreisträger der Deutschen Akademie Rom Villa Massimo
Francesca Melandri verwebt menschliche Schicksale meisterhaft mit der großen Geschichte Europas. Andrej Kurkow
Was bedeutet Krieg? Und was, wenn man auf der falschen Seite kämpft? Francesca Melandri erzählt die Geschichte ihres eigenen Vaters – und bringt die Stille einer ganzen Generation zum Sprechen. Eine zutiefst persönliche Spurensuche: ein unerlässliches Buch zum Verständnis unserer Gegenwart.
Ein Militärlazarett in Venedig. Desinfektionsmittel, Fieberschweiß, der unerträgliche Gestank von Wundbrand. Der Sohn liegt im hintersten Bett, er schläft. Die Mutter hebt die Decke am unteren Ende an. Zwei Beine, zwei Füße. Eins, zwei, drei, sie zählt die Zehen – bis zum zehnten. Vorsichtig legt sie die Decke zurück: Endlich kann sie in Ohnmacht fallen.
Im Winter 1942/43 flohen italienische Soldaten in Schuhen mit Pappsohlen vor der Roten Armee, Zehntausende erfroren. Der »Rückzug aus Russland« hat sich als Trauma im kollektiven Gedächtnis Italiens eingebrannt – auch in der Familie von Francesca Melandri. Ihr Vater hat ihn überlebt.
Doch erst als Anfang 2022 Bilder und Orte des Kriegs in der Ukraine omnipräsent sind, wird ihr klar: Es ist vor allem die Ukraine, in der der Vater gewesen ist. Was hat er dort wirklich erlebt, warum war er überhaupt dort?
Francesca Melandris »Kalte Füße« ist ein berührendes Zwiegespräch mit einem geliebten Menschen: ein unerschrockenes Buch über das, was der Krieg gestern wie heute in Körpern und Köpfen anrichtet, über das Erzählen als Überlebenskunst – und unsere historische Verantwortung angesichts des Angriffs auf die Ukraine.
Der Abend findet in italienischer und deutscher Sprache statt.
Francesca Melandri © Francesca Mantovani / Gallimard
Francesca Melandri, 1964 in Rom geboren, ist eine der meistgeschätzten italienischen Schriftstellerinnen unserer Zeit. Sie hat sich in Italien als Autorin von Drehbüchern für Film und Fernsehen einen Namen gemacht. Mit ihrem ersten Roman Eva dorme wurde sie auch einem großen deutschsprachigen Leserkreis bekannt. Ihr zweiter Roman Über Meereshöhe (Più alto del mare) war in der Auswahl des Premio Campiello und wurde von der italienischen Kritik als Meisterwerk gefeiert. Ihr dritter Roman Alle außer mir (Sangue giusto) von 2017, der den Premio Sila ’49 gewann und in der Auswahl des Premio Strega war, wurde vom SPIEGEL zum internationalen Roman des Jahres gekürt und ist Gegenstand zahlreicher Nachdrucke. Francesca Melandri arbeitet mit dem „Guardian“ und anderen europäischen Zeitungen zusammen. Ihre Bücher wurden in viele Sprachen übersetzt.
Thomas Brussig © privat
Thomas Brussig, 1964 in Berlin geboren, hatte 1995 seinen Durchbruch mit dem Roman Helden wie wir. Es folgten u.a. Am kürzeren Ende der Sonnenallee (1999), Wie es leuchtet (2004) und das Musical Hinterm Horizont (2011). Seine Werke wurden in 30 Sprachen übersetzt. Thomas Brussig ist der einzige lebende deutsche Schriftsteller, der sowohl mit seinem literarischen Werk als auch mit einem Kinofilm und einem Bühnenwerk ein Millionenpublikum erreichte. Zuletzt erschienen von ihm die Romane Das gibts in keinem Russenfilm (2015), Beste Absichten (2017), Die Verwandelten (2020), Mats Hummels auf Paarship (2023) und Meine Apokalypsen (2023).
Thomas Brussig erhielt einige Auszeichnungen und Preise. Er ist Rompreisträger der Deutschen Akademie Rom Villa Massimo 2024/25, Mitglied verschiedener Jurys und Gründungsmitglied der Lübecker „Gruppe 05“. 2021 hatte er ein Stipendium der Casa di Goethe Rom. Im Sommersemester 2012 war er der Inhaber der Poetik-Dozentur der Universität Koblenz-Landau. Er war 2005 der Initiator der deutschen Fußballnationalmannschaft der Schriftsteller.
In Zusammenarbeit mit der Deutschen Akademie Rom Villa Massimo
Am letzten Tag der Ausstellung Max Liebermann. Ein Impressionist aus Berlin laden wir Sie herzlich zur Finissage mit einer Führung der Kuratorin, Alice Cazzola, ein.
Die Ausstellung präsentiert zum ersten Mal in Italien die gesamte künstlerische Laufbahn von Max Liebermann (1847-1935), einem der größten Erneuerer der deutschen Malerei des späten 19. Jahrhunderts. Während der Führung werden seine Beziehungen zu den Niederlanden, Frankreich und vor allem ein bisher weniger bekannter Aspekt beleuchtet: Liebermanns Beziehung zu Italien, wohin er mindestens sechs Mal reiste. Zwischen 1878 und 1913 besuchte er Venedig, Florenz, Rom und Neapel und unterhielt enge Beziehungen zu führenden Persönlichkeiten der italienischen Kunstszene. Ab 1895 war er einer der Protagonisten der ersten internationalen Kunstausstellungen in Venedig, der heutigen Biennale von Venedig, und nahm an zahlreichen Gruppenausstellungen in Italien teil. Mehrere seiner Werke sind daher in bedeutende italienische Museen eingegangen, wie zum Beispiel das Selbstporträt von 1908 aus den Uffizien (Florenz) oder Ragazzi al bagno von 1899 aus der GAM – Galleria d’Arte Moderna (Mailand), die in der Ausstellung zu sehen sind.
Bild: Max Liebermann, Selbstporträt, 1908, Öl auf Leinwand, Galerie der Statuen und Gemälde der Uffizien, Florenz © Fotokabinett der Galerien der Uffizien
Eröffnung 12.3.2025, 19.00 Uhr
Begrüßung:
Gregor H. Lersch, Direktor Museum Casa di Goethe
Teresa Indjein, Direktorin Forum Austriaco di Cultura Roma
Andreas Krüger, Leiter der Kulturabteilung der Deutschen Botschaft Rom
Massimiliano Smeriglio, Stadtrat für Kultur Roma Capitale
Ausstellungsdauer 13.3.—31.8.2025
Sie ist eine Ikone der Literaturgeschichte des 20. Jahrhunderts und inspiriert bis heute Leser*innen weltweit: Ingeborg Bachmann (1926–1973). Die umfassende Ausstellung zeigt ihr Leben und Werk und fokussiert die Orte, die sie prägten: Das Klagenfurt ihrer Kindheit, das Wien ihres frühen Ruhms, München, Zürich, Berlin und immer wieder Rom. Präsentiert werden Bücher und Dokumente, ihre Verbindungen zu Max Frisch, Henry Kissinger oder Marie Luise Kaschnitz sowie zahlreiche Photographien aus allen Lebensphasen der ebenso selbstbewussten wie verletzlichen Schriftstellerin.
Eine Ausstellung des Literaturhauses München und des Literaturmuseums der Österreichischen Nationalbibliothek in Kooperation mit dem Museum Casa di Goethe
Mit freundlicher Unterstützung von
Eine eindeutige Identifizierung dessen, was als „Entartete Musik“ bezeichnet wurde und Gegenstand der Angriffe der Nationalsozialisten war, ist schwer zu bestimmen. Die Angriffe der Nationalsozialisten richteten sich gegen jede Musik, die ihrer Meinung nach nicht zur ursprünglichen deutschen Musikkultur gehörte. Das repressive System, das sie gegenüber jüdischen Künstler*innen (und nicht nur) angewandt haben, brachte zwei Generationen von Komponist*innen zum Schweigen.
Doch wenn wir über den Kunstbegriff nachdenken, den das Reich vertrat, gibt es Berührungspunkte mit dem, was damals propagiert wurde. Beispielsweise die Musik von Kahn und Mahler, in klassischer Form und mit spätromantischem Einschlag, ist den Kompositionen von Brahms, Wagner oder Strauss weder im Charakter noch in der Harmonik unähnlich.
Das Unrecht, das diesen Komponist*innen widerfahren ist, kann man nicht ungeschehen machen, aber sie können auf die für ihre Kunst wichtigste Art und Weise gewürdigt werden: indem ihre Musik gespielt und weiter verbreitet wird. Indem diese am Leben erhalten wird, bleibt den Regimen der Vergangenheit ein posthumer Sieg verwehrt.
PROGRAMM
Gustav Mahler
Quartettsatz (1876)
Liliana Bernardi, Violine (Dozentin Conservatorio di Musica Santa Cecilia Roma)
Michela Marchiana, Viola (Studentin der Klasse M° Sanzò)
Marco Osbat, Violoncello (Student der Klasse M° Chiapperino)
Marina Cesarale, Klavier (Korrepetitorin am Conservatorio di Musica Santa Cecilia Rom)
Ilse Weber
Fünf Lieder für Singstimme und Klavier
Miriam Fußeder, Sopran (Studentin der Klasse M° Ferrara)
Marina Cesarale, Klavier (Korrepetitorin am Conservatorio di Musica Santa Cecilia Rom)
Robert Kahn
Jungbrunnen Op. 46 für Stimme, Violine, Violoncello und Klavier
Miriam Fußeder, Sopran (Studentin der Klasse M° Ferrara)
Liliana Bernardi, Violine (Dozentin Conservatorio di Musica Santa Cecilia Roma)
Luca Peverini, Violoncello (1. Violoncello des Orchestra del Teatro dell’Opera di Roma)
Marina Cesarale, Klavier (Korrepetitorin am Conservatorio di Musica Santa Cecilia Rom)
Obwohl es sich um ein Frühwerk Gustav Mahlers (1860 – 1911) handelt, das Ergebnis eines nur einjährigen Kompositionsstudiums, zeigt der Quartettsatz eine bemerkenswerte Meisterschaft in der Kompositionstechnik. Die Sonatenhauptsatzstruktur und der interessante Klaviersatz zeigen Mahlers Vertrautheit mit dem großen Klavierrepertoire, von Beethoven über Schubert, Chopin, Schumann und Brahms.
Ilse Weber (1903 – 1944) war ein Wunderkind. Sie komponierte Kinderlieder, Wiegenlieder und Gedichte, die ihr als Mädchen nach dem Tod ihres Vaters ein großer Trost waren. Sie wurde zunächst nach Theresienstadt und dann nach Auschwitz deportiert, wo sie starb. In Theresienstadt nutzte sie die Zeit, die ihr während der Nachtwache und nach der Arbeit zur Verfügung stand, um für sich und andere einen kleinen Raum zu schaffen, in dem sie während ihrer Haft etwa sechzig Gedichte schrieb, alle in deutscher Sprache. Viele davon vertonte sie, indem sie sich selbst auf der Gitarre begleitete und „täuschend einfache“ Melodien und Bilder benutzte, um die Schrecken, die sie und ihre Mitgefangenen erlebt hatten, zu beschreiben und die Musik trotz allem am Leben zu erhalten.
Jungbrunnen von Robert Kahn (1865-1951) enthält eine Reihe von Liedern aus der gleichnamigen Gedichtsammlung des deutschen Dichters Paul Heyse. Die Musik im spätromantischen Stil ist ein hervorragendes Beispiel für Kahns Meisterschaft in der Integration von Instrumenten und Stimme. Kahn lernte Brahms kennen, der ihn informell unterstützte, und obwohl sein Werk bis zu einem gewissen Grad dessen Einfluss zeigt, ist Kahn ein eklektischer und unabhängiger Komponist, dessen Musik ihre eigene Originalität besitzt. Robert Kahn, der in Berlin lehrte und Mitglied der Preußischen Akademie der Künste war, emigrierte 1939 nach England, weil das nationalsozialistische Regime die Veröffentlichung und Aufführung seiner Musik verboten hatte.
Bildnachweise: Gustav Mahler © CC0 (E. Bieber), Ilse Weber © CC0 (anonimo), Robert Kahn © CC0
Das Briefgedicht gehört zu den ältesten Formen der Literatur. Maria Borio und Tom Schulz fragen, wie man heutzutage noch Briefgedichte schreiben kann. Konzentriert in jeweils 15 Zeilen langen Briefen und Gedichten entsteht ein poetischer Dialog, der versucht, Raum und Zeit zu verbinden und gleichzeitig zu überwinden. Er ist ein lyrisches Gespräch von Mitteilungen, Fragen und Antworten, das nach der und dem anderen sucht, in einer Zeit, in der sonst selbstverständliche Parameter verloren zu gehen scheinen und die von Krisen bestimmt ist.
Mit dem Titel des Buchs Briefe aus der Roten Wüste beziehen sich Maria Borio und Tom Schulz explizit auf den 1964 von Michelangelo Antonioni inszenierten Film Die rote Wüste, der überwiegend in den Industrieanlagen Ravennas der 1960er-Jahre gedreht wurde. Die von Technik bestimmte Kulisse zeichnet das Bild einer radikalen Sinnkrise und den Verlust jeglicher Bindungen. Sie entspricht der Ausgangssituation der Briefgedichte, die größtenteils während der Corona-Pandemie entstanden sind. Die Erfahrung der Isolation und Einsamkeit wird poetisch aufgearbeitet als Vorbereitung auf die Begegnung mit der und dem Anderen.
Die Veranstaltung wird in italienischer und deutscher Sprache stattfinden.
Briefe aus der roten Wüste | Lettere dal deserto rosso | Gedichte | Poesie |Maria Borio | Tom Schulz | übersetzt von Pia-Elisabeth Leuschner und Paola Del Zoppo | Reihe Staben [band 28] | Gutleut Verlag 2024
In Zusammenarbeit mit dem
Maria Borio @ Maria Borio
Maria Borio ist Lyrikerin und Essayistin. Sie veröffentlichte die Sammlungen Vite unite (2015), Trasparenza (Interlinea 2019), übersetzt in den USA, L’altro limite (pordenonelegge-lietocolle 2017) übersetzt in Argentinien. Außerdem veröffentlichte sie Dal deserto rosso (Stampa2009, 2020), erweitert und übersetzt in Deutschland (Briefe aus der Roten Wüste, mit Tom Schulz, übersetzt von Pia-Elizabeth Leuschner und Paola Del Zoppo, Gutleut Verlag, 2024) und Prisma (Zacinto edizioni 2022). Ihr jüngstes Sachbuch hat den Titel Poetiche e individui (Marsilio 2018). Derzeit arbeitet sie an einem Projekt über Poesie und Authentizität. Sie ist verantwortlich für die Rubrik Poesie der Zeitschrift „Nuovi Argomenti“ und Redakteurin der Kultur-Website le parole e le cose. Sie ist Gründerin des internationalen Festivals poesiæuropa. Für ihr Werk wurde sie u.a. mit dem Mauro-Maconi-Preis, dem Preis der Stadt Fiumicino und dem Jacopone-da-Todi-Preis ausgezeichnet. Sie hat einen Lehrauftrag an der Universität von Perugia.
Tom Schulz © Dirk Skiba
Tom Schulz wurde 1970 in der Oberlausitz geboren und wuchs in Ost-Berlin auf. Er ist Autor von Lyrik, Prosa, Reportagen und Essays. Er arbeitet auch als Kritiker und Herausgeber und unterrichtet kreatives Schreiben. Zuletzt erschienen: Briefe aus der Roten Wüste, Gedichte, gemeinsam mit Maria Borio, Gutleut Verlag, Frankfurt/Main, 2024; Die Erde hebt uns auf, Gedichte, Poetenladen Verlag, 2024; Reisewarnung für Länder Meere Eisberge, Gedichte, Hanser Berlin, 2019; Die Verlegung der Stolpersteine, Gedichte, Hanser Berlin, 2017; Das Wunder von Sadagora, Eine Polnisch-Ukrainische Reise, Edition Azur, Dresden, 2016. Er erhielt folgende Stipendien und Literaturpreise: das Werkstipendium des Deutschen Literaturfonds, 2024, AIR Artist in Residence, Krems (Niederösterreich), 2023, H. C. Artmann Stipendium der Stadt Salzburg, 2022, Arp-Stipendium des Landes Rheinland Pfalz, 2020, Aufenthaltsstipendium Deutsches Studienzentrum Venedig, 2018, Preis des PEN Liechtenstein für Lyrik, 2016, Alfred-Gruber-Preis beim Lyrikpreis Meran, 2014, PEN-Liechtenstein-Preis für Lyrik (2016) und den Alfred-Gruber-Preis beim Meraner Lyrikpreis (2014). 2023 war er artist in residence AIR in Krems (Niederösterreich). Tom Schulz lebt in Berlin und Italien.
Camilla Miglio @ Camilla Miglio
Camilla Miglio ist Professorin für Germanistik an der Sapienza in Rom, nachdem sie zuvor in Pisa und an der Universität L'“Orientale“ in Neapel gelehrt hat. Sie erforscht die Entstehung des europäischen literarischen Bewusstseins mit einem Schwerpunkt auf der deutschen Tradition. Sie untersucht das humanistische Erbe und die Beziehung zur Antike, die Ost-West- und Nord-Süd-Beziehungen, die deutsch-jüdische Kultur, die Verbindungen zwischen dem poetischen Diskurs und der Wissenschaft, der Musik, dem geographischen Raum und der Umwelt. Monographien über Paul Celan (Celan und Valéry. Poesie, Übersetzung einer Distanz, Neapel 1997; Vita a fronte. Essay über Paul Celan, Macerata 2005; Ricercar per verba. Paul Celan e la musica della materia, Macerata 2022); über Ingeborg Bachmann (La terra del morso, L’Italia ctonia di Ingeborg Bachmann, Macerata 2012, 2023); über Literaturrezeption durch Übersetzung. Übersetzungen von C. Brentano; U. Draesner; H. M. Enzensberger; J. und W. Grimm; E. T. A. Hoffmann; F. Kafka; J. A. Liebeskind; P. Waterhouse. Sie wurde mit den folgenden Preisen ausgezeichnet: Ladislao-Mittner-Preis für Deutschlandstudien (2005); Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland (2010).
INCONTRI AL CORSO 18 ist eine Veranstaltungsreihe, in der die Stipendiat*innen, die jeweils zwei Monate in der Via del Corso 18 leben und arbeiten, ihre Projekte in einem offenen Gespräch mit Gregor H. Lersch, Direktor der Casa di Goethe, und dem Publikum vorstellen.
Die Stipendiatin Laura Helena Wurth erstellt in Rom ein ausführliches Radiofeature über den Einfluss der Architektin Plautilla Bricci auf das barocke Rom.
Eine Stadtführung findet meist so statt, dass man von einem Denkmal zum nächsten geführt wird – von einem berühmten Gebäude zum nächsten. Dazwischen befinden sich Männer, die auf Pferden sitzen, die diese Gebäude erbaut oder zumindest in Auftrag gegeben haben.
Wenn man so durch eine Stadt geht und versucht sie kennenzulernen, dann bekommt man den Eindruck, die Städte seien vornehmlich von und für Männer gemacht.
Speziell in Rom gibt es das scherzhaft Schreibmaschine genannte Nationalmonument,
Monumento a Vittorio Emanuele II, das nach Plänen von Giuseppe Sacconi errichtet wurde. Auch beim Pantheon geht man davon aus, dass Männer es gebaut haben. Ganz Rom eine Stadt erbaut von Männern.
Doch stimmt das? Zumindest eine Architektin hat es im Barock gegeben: Plautilla Bricci. Sie hat nicht nur nachgewiesenermaßen Bauwerke in der Stadt errichtet, sondern auch gemalt. Für die Kapelle San Luigi hat sie das Altarbild gemalt.
Man könnte und dürfte Rom mit dem Wissen um den Einfluss von Plautilla Bricci ganz anders betrachten. Und auch das moderne Rom, das sich um den GRA angesiedelt hat, würde man ganz anders interpretieren, wenn man mehr über Plautilla Bricci wüsste.
Als Gegenstück in der deutschen Geschichte soll die Architektin Astra Zarina beleuchtet werden. Eine Architektin, die maßgeblich das Berlin, wie es heute aussieht, mit ihrer Planung des Märkischen Viertels 1966 beeinflusst hat. Zarina hat – ganz ähnlich wie Plautilla Bricci – immer Männer an ihre Seite gestellt bekommen. Ob im Barock oder in den 1960er Jahren. Zarina hat sich den Rest ihres Lebens, bis sie 2008 gestorben ist auch der italienischen Architektur verschrieben. Sie hat in der Gemeinde Civita Denkmalpflege betrieben.
Bricci und Zarina haben das Bild einer Stadt beeinflusst, werden jedoch kaum genannt, wenn man sich diese Städte anschaut. Im Zuge einer Neubetrachtung der Architektur und der Urbanisierung sollen diese beiden Figuren genauer betrachtet werden.
Die Veranstaltung wird in deutscher Sprache stattfinden.
Laura Helena Wurth © Stephanie Neumann.
Laura Helena Wurth, geboren 1989 in Berlin, ist Autorin und Kritikerin. Sie hat einen Bachelor-Abschluss in Kunst und Kultur von der Universität Maastricht und einen Master-Abschluss von der Humboldt-Universität zu Berlin. Sie schreibt regelmäßig über zeitgenössische Kunst und Architektur für die FAZ, FAS, NZZ und ist Redakteurin bei Deutschlandfunk Kultur. Sie ist Mitgründerin des Projektraums FKA SIX, der sich 2023 in einem Einkaufszentrum mit dem Thema zeitgenössischer Ruinen befasste und bringt gemeinsam mit Louisa Hölker das monothematische Kunstmagazin One to(o) Many heraus, das viele verschiedene Stimmen zu einem einzigen Kunstwerk vereint.
Wir danken der Karin und Uwe Hollweg Stiftung für die Unterstützung des Stipendiatenprogramms.
Johann Leonhard Raab nach August Friedrich Pecht, Charlotte, 1864, Museo Casa di Goethe, Foto: Enrico Fontolan
Anlässlich des 250-jährigen Jubiläums von Goethes Briefroman Die Leiden des jungen Werthers veranstaltet die Casa di Goethe am 6. Dezember 2024 eine Reihe von Vorträgen und eine Werther-Konferenz.
Professor Ernst Osterkamp wird einen Vortrag über die Bedeutung und die Rolle der Lotte halten.
Der Vortrag findet in deutscher Sprache statt und wird ins Italienische übersetzt.
Ernst Osterkamp foto: fotostudio-charlottenburg, www.studio-charlottenburg.de
Ernst Osterkamp, geboren 1950. Von 1992 bis 2016 Professor für Neuere deutsche Literatur an der Humboldt-Universität zu Berlin. Gastprofessuren u.a. an der New York University und an der Washington University in St. Louis. Ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz, und der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Von 2017 bis 2023 Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Zuletzt erschienen: Der Dichter und der Risches. Leben und Werk des Michael Beer (1800-1833) (Göttingen 2024); Sterne in stiller werdenden Nächten. Lektüren zu Goethes Spätwerk (Frankfurt 2023, 2. Auflage 2024); Felix Dahn oder Der Professor als Held (München 2019).
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