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Walle! walle*

Zeitgenössische Kunst in Goethes Wohnhaus

Eine Ausstellung des Museums Casa di Goethe mit der Klassik Stiftung Weimar und der Deutschen Akademie Rom Villa Massimo

Werke von Danica Dakić, Arijit Bhattacharyya, Diana Pacelli, Farzane Vaziritabar und Lea Maria Wittich

Ausstellungsdauer: 8.6. – 10.9.2023

Ausgehend von einer intensiven Beschäftigung mit Goethes Weimarer Wohnhaus, seinen Sammlungen und der Italienischen Reise hat Danica Dakić, derzeit Rompreisträgerin der Villa Massimo, gemeinsam mit den von ihr eingeladenen Künstler*innen Arijit Bhattacharyya, Diana Pacelli, Farzane Vaziritabar und Lea Maria Wittich ein Ausstellungsprojekt in Weimar und Rom erarbeitet. Die beteiligten Künstler*innen aus Deutschland, Indien, Iran und Italien haben aus der eigenen künstlerischen Perspektive ortsspezifische Installationen entwickelt, die die Verbindungen zwischen den beiden Goethe-Orten aufspüren und dabei neue Formen von Kunst als Wissensproduktion erforschen.

Walle! walle* greift den Zauberspruch aus Goethes Ballade Der Zauberlehrling auf, um vor dem Hintergrund der aktuellen globalen Herausforderungen den Wechselbeziehungen von menschheits- und naturgeschichtlicher Zeitlichkeit nachzugehen: Welche Macht hat Kunst in Zeiten existenzieller Bedrohung, wie sie in unserer Gegenwart auf vielen Ebenen weltweit spürbar ist? Welche Macht hat sie angesichts der dramatischen Folgen der Zerstörung der Natur, in sozialen und politischen Krisen, in der Erschütterung vermeintlicher Gewissheiten durch Verweise auf Rassismus, Kolonialismus oder Geschlechterhierarchien?

Danica Dakićs neue Arbeit ist eine filmische Erzählung über eine (utopische) Italienreise, die sich zwischen Goethes leergeräumter Bibliothek in seinem Weimarer Wohnhaus und einer Vulkan-Bildkulisse aus dem Puppentheater seines Sohns August, zwischen zwei kindlichen Protagonistinnen in Weimar und Rom, zwischen Vergangenheit und Zukunft entfaltet.

Ausgehend vom Garten Goethes, in dem Spargel angebaut wurde, untersucht Arijit Bhattacharyya die Herkunft im Kolonialismus und die Produktionsbedingungen des in Deutschland auch heute noch beliebten Gemüses. Diana Pacelli hat sich selbst von Weimar Richtung Italien auf die Reise gemacht. In ihrer Performance geht sie zu Fuß von Buchenwald nach Fossoli, also von einem Lager in Deutschland zu einem Lager in Norditalien, beide aus der Zeit des NS. Mit Bezug auf den west-östlichen Diwan versetzt Farzane Vaziritabar die Büste der Juno Ludovisi, die in Weimar und Rom als Kopie steht, in den Iran. Lea Maria Wittich erweitert hingegen die geologische Sammlung Goethes um einen fiktiven Teil, der Goethes Italienreise mit der Wirkungsmacht der Geologie verbindet.

*aus „Der Zauberlehrling“ von J.W. von Goethe. Bedeutung von wallen: 1) in Bezug auf Flüssigkeiten: sich heftig bewegen2) über Stoff, Haare, gehoben: in Wellen und Wogen sich bauschend herabhängen; Begriffsursprung: mittelhochdeutsch wallen, althochdeutsch wallan (belegt seit um das Jahr 800) < germanisch *wallan < indoeuropäische Wurzel *u̯el(ə)-, *u̯lē- „drehen, winden, wälzen“

Beteiligte Künstler*innen:

Danica Dakić, *1962 in Sarajevo, Rompreisträgerin der Villa Massimo 2022/23, ist Professorin an der Kunstakademie Düsseldorf. Sie arbeitet mit Fotografie, Video und Film – häufig auch mit performativen und partizipativen Prozessen – und schafft Bilder, die das kulturelle Gedächtnis und Identität, Sprache und Rollenbilder sowie Geschichte in ihrer ständigen Veränderung und in ihren utopischen Potenzialen befragen.

Arijit Bhattacharyya, *1994 in West-Bengal, Indien, ist ein Künstler und unabhängiger Kurator, der derzeit in Weimar lebt und arbeitet. Seine Werke sind Installationen, Textilarbeiten, Zeichnung und Malerei, Film, Performance, dabei vor allem Kochen. Er arbeitet auch im Kollektiv und bezieht häufig verschiedene lokale Gemeinschaften aus seinem sozialen Umfeld in Deutschland und seiner Heimat Indien ein.

Diana Pacelli, *1994 in Neapel, hat ihre künstlerische Ausbildung in Deutschland absolviert, wo sie seit mehr als 10 Jahren lebt. In ihren Installationen und Performances beschäftigt sie sich mit dem Menschen und seinen Handlungen als Reflexionen auf die Gesellschaft.

Farzane Vaziritabar, *1987 in Yazd, Iran, ist aktuell Gastkünstlerin am ZKM – Zentrum für Kunst und Medien. Ihre Arbeit umfasst Skulptur, Installation, Video, Performance, Cartoons und Zeichnungen, mit einem Schwerpunkt auf Erzählung, Identität, Ort und Raum.

Lea Maria Wittich, *1994 in Hannover, ist eine in Weimar lebende Künstlerin und künstlerische Forscherin. Ihre Praxis ist in handwerklichen und materiellen Prozessen verwurzelt, die sie als performative und relationale Praktiken begreift. In ihrer künstlerischen Arbeit reflektiert sie mit verschiedenen Medien Fragen der sozialen und ökologischen Gerechtigkeit und der Koexistenz von menschlichen und nicht menschlichen Akteur*innen.

Zeitgenössische Kunst in Goethes Wohnhaus

Klassik Stiftung Weimar vom 2.6. – 1. 11.2023

Museum Casa di Goethe Rom vom 8.6. – 10.9.2023

Bild: Danica Dakić LA CASA I, Video still, ©Danica Dakić 2023