Stephan Oswald: Im Schatten des Vaters. August von Goethe 

Buchvorstellung
Golo Maurer im Gespräch mit dem Autor

Was weiß man über August von Goethe? Dass er ein Alkoholproblem hatte, ist bekannt; sein früher Tod soll darauf zurückzuführen sein. Als Sohn des berühmten Vaters habe er – künstlerisch und literarisch unbegabt – seinem Namen wenig Ehre gemacht und sei sozusagen das schwarze Schaf der Familie.

Schildert man dagegen sein Leben einmal aus seiner Sicht, kommt eine bislang unbekannte Person ans Licht. Nach Kindheit und Jugend in Weimar absolvierte er ein Jurastudium und trat in die herzogliche Verwaltung ein, wo er bald aufstieg und mit 34 Jahren zum Geheimen Kammerrat ernannt wurde. Als Kammerjunker und später Kammerherr gehörte er dem Hof an. Er heiratete eine Frau aus altem Adel, hatte drei Kinder und war ein angesehenes Mitglied der  Weimarer Gesellschaft.

Doch das war nur die eine Hälfte seines Lebens. Nach dem Tod der Mutter musste er deren Rolle übernehmen, das leibliche Wohlbefinden seines Vaters sicherstellen und ihn von lästigen Verpflichtungen befreien. Er war das Faktotum und wurde bei Bedarf von Goethe  als Assistent bei amtlichen Aufgaben  und privaten Angelegenheiten eingesetzt.

Die Geschichte seines Lebens erweitert sich zu einem historischen Panorama der Epoche und eröffnet zugleich einen intimen Einblick in das Leben am Frauenplan, die Realität des Hoflebens und die Verhältnisse im klassischen Weimar. Dazu wurde in den Archiven bislang unbekanntes  Material zu Tage gefördert und die Urteile seiner Zeitgenossen ausgewertet, wobei offenbar wird, dass sich in Augusts Leben vieles anders zugetragen hat, als landläufig angenommen. Deutlich wird auch, in welchem Maße der Schatten des Vaters auf seinem Leben lastete und seiner Selbstentfaltung enge Grenzen setzte. Diesem Druck vermochte er sich nie zu entziehen, und hier liegt die Tragik seines Lebens.

Stephan Oswald,  geboren 1950, studierte Germanistik und Philosophie in Münster. Er war von 1977 bis 1990 als Dozent für deutsche Sprache an den Universitäten Florenz, Neapel, Venedig und Bologna tätig, von 1990 bis 1998 Stellvertretender Direktor des deutsch-Italienischen Kulturinstituts in Bologna und von 2003 bis 2016 Professor für deutsche Sprache und Literatur an der Universität Parma. Seine Forschungsschwerpunkte: Geschichte des deutschen Italienbildes und der kulturellen Beziehungen beider Länder sowie das Werk Johann Wolfgang von Goethes.

Golo Maurer leitet seit 2015 die Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Kunstgeschichte, Bibliotheca Hertziana, in Rom. Zuvor unterrichtete der habilitierte Kunsthistoriker an den Universitäten Heidelberg, Wien und Bochum. Sein Buch Heimreisen. Goethe, Italien und die Suche der Deutschen nach sich selbst erschien 2021 im Rowohlt-Verlag.

Reservierungen unter prenotazioni@casadigoethe.it